"Ich mache meinen Job gerne"
Wenn Trainer Kenan Kocak die 96-Profis in Stegersbach in zwei Gruppen einteilt, dann kommt Mirko Liesebach-Moritz in Fahrt. Um 9.40 Uhr heißt es dann am Falkensteiner Balance Resort Abfahrt mit dem Mannschaftsbus für Gruppe eins. Runter von der Anhöhe, auf der das Hotel thront, zum Trainingsplatz am Ortsrand. Danach um 11.10 Uhr muss Gruppe zwei runter. Und weil beide Gruppen nach ihren Einheiten natürlich auch wieder zurück ins Hotel müssen, absolviert Liesebach-Moritz die Strecke insgesamt viermal. Stress? Nein! "Das ist mein Job und den mache ich gerne. Ich habe irgendwann mal gesagt: Der Gerry Zuber macht die großen Transfers, ich mache die kleinen." An dieser Stelle merkt man, dass Liesebach-Moritz sehr pointiert und bildlich erzählen kann.
Gute Vorbereitung ist wichtig
"Ich mache das seit mehr als 20 Jahren", sagt Liesebach-Moritz, "ein Trainingslager ist für mich kein Stress." Gute Vorbereitung ist auch in seinem Beruf fast alles. Noch in Hannover hat der 49-Jährige die Strecken studiert, hat sich angeschaut, wann er mit dem Bus wo sein muss und welche Materialien im Bus untergebracht werden müssen. "Das wird alles im Vorfeld besprochen." Liesebach-Moritz ist also für alles präpariert, deshalb kann er mit seiner Erfahrung einen gelassenen Satz formulieren: "Es gibt halt schöne Momente im Trainingslager, und es gibt weniger schöne. Aber Stress ist es für mich eher wenig."
"Navi" ist nicht notwendig
Weil die Roten bereits öfter im Burgenland und der Steiermark waren, braucht Liesebach-Moritz kein "Navi" oder keinen Routenplaner. "Da vertraue ich auf meinen Instinkt", sagt er. "Lediglich beim An- und Abreisetage gucke ich mir über Google Maps die Strecken an, ob es da Stau gibt oder durch die österreichischen Ferien viel Verkehr."
Improvisieren am Lenkrad
Liesebach-Moritz sagt, dass er nicht der Typ Busfahrer sei, der die Strecken "haargenau" plane und erläutert das an einem Beispiel: "In Stegersbach gibt es jetzt eine Baustelle, die am Anreisetag noch nicht da war. Deswegen weiß ich trotzdem, wie ich zum Platz komme, ohne dass irgendeiner sagt: 'Liese, da hättest Du Dich aber vorher mal informieren können.'"
Unterwegs mit Weitblick
Wenn Liesebach den Mannschaftsbus zum Trainingsgelände in Bad Waltersdorf fährt, muss er das große Gefährt durch enge und kurvige Straßen steuern. Selbst für einen Golffahrer wäre das eine Herausforderung, für ihn ist es Routine. "Der Busfahrer muss viel vorausschauender fahren als ein PKW-Fahrer. Wenn man durch die S-Kurven jagen würde und es kommt einem wirklich jemand entgegen, dann ist es schwierig, so zu bremsen, dass man noch zum Stehen kommt." Deshalb fährt "Liese" mit Weitblick. Für die Spieler seien solche Serpentinen trotzdem unangenehm, weil es "dann dauernd nach rechts oder links geht".
Aufmerksamkeit am Straßenrand
Dass der 96-Bus überall dort, wo er auftaucht, für Aufmerksamkeit sorgt, kennt Liesebach-Moritz: "Momentan fahren durch Corona nur wenige Reisebusse, viele Menschen haben monatelang keinen Bus gesehen. Wenn dann auf einmal ein Bus wie unser durch das Dorf fährt, dann schauen die Leute eher hin als bei einem Baustofflaster. Und die Kinder hier in Österreich haben ja noch Ferien und winken, wenn sie den Bus mit den Spielern sehen. Die Leute wissen schon, wer wir sind, nicht nur in Stegersbach, sondern auch in anderen Orten im Ausland."
In vier Tagen nach Belek
Bei der Frage nach seiner heikelsten Busfahrt muss Liesebach-Moritz nicht lange überlegen. "Die abenteuerlichsten Reisen waren die beiden nach Belek in der Türkei. So etwas muss man vorher planen, braucht dafür zwei Fahrer und Zwischenübernachtungen, sodass eine Tour über 3000 Kilometer vier Tage dauert", sagt er.
"Bestechung" mit einem Ball
Dabei kommt man durch Länder, an deren Grenzen - sagen wir mal so - eigene Gesetze gelten. In Bulgarien, so Liesebach-Moritz, sei man einmal nachts an der Grenze angekommen. "Ich glaube, wir haben den Grenzbeamten geweckt. Ich habe zweimal gehupt, und dann kam er aus seinem Häuschen und hat die Papiere kontrolliert und im oberen Teil die Bälle entdeckt. Davon wollte er einen haben. Als ich abgewinkt habe, griff er in seine Hosentasche, holte ein Messer raus und wollte den Ballsack aufschneiden", erzählt der 49-Jährige. "Da habe ich ihm lieber einen Ball geschenkt - und wir durften weiterfahren." In der Türkei musste Liesebach-Moritz an der Grenze den Bus ausräumen und ihn in eine Halle fahren, wo er "komplett geröntgt" wurde, bevor Liesebach-Moritz alles wieder einräumen und die Grenze in die Heimat passieren durfte.
Alles im Griff
Solche Anekdoten erzählt Liesebach-Moritz mit viel Humor und einer Ruhe, mit der er auch den schwarzen Bus mit seinem 525-Liter-Tank über gute und schlechte Straßen steuert - für die 96-Profis mit dem Gefühl der Sicherheit, dass "Liese" alles im Griff hat. Nicht nur am Steuer.
hr