Linton, acht Jahre bei Hannover 96 gehen am Sonntag zu Ende. Wenn Du heute auf die Zeit zurückblickst: Was hast Du in Hannover für eine Entwicklung genommen?
Linton Maina (22): Fußball spielen konnte ich schon immer, aber in der U17 war ich noch nicht reif genug. Doch dann - ab der U19 - habe ich mir gedacht: Wenn ich wirklich Profi werden will, dann muss ich mich jetzt zusammenreißen. Das hat dann auch ganz gut geklappt. Ich finde, dass ich ab der U19 noch einmal einen großen Sprung gemacht habe. Vor allem auch vom Kopf her.
Dann hat es auch nicht lange gedauert, bis Du bei den Profis angeklopft hast.
Maina: Ja, dann habe ich nach und nach auch regelmäßig oben mittrainiert, wurde aber leider von ein, zwei Verletzungen wieder zurückgeworfen. Insgesamt war es für mich eine sehr, sehr intensive Zeit. Wenn ich heute zurückblicke, muss ich schon sagen, dass in den acht Jahren hier echt viel passiert ist.
Würdest Du sagen, Du bist in Hannover erwachsen geworden?
Maina: Es geht langsam in die richtige Richtung (lacht). Ich bin auf jeden Fall reifer geworden über die Jahre. Ich habe natürlich in Hannover einen großen Teil meiner Freunde, auch außerhalb des Fußballs. In Elze bin ich zur Schule gegangen, habe hier im Internat gelebt. Ich habe mit vielen Spielern zusammengespielt, mit denen ich heute noch Kontakt habe. Ich habe hier einfach einen unfassbar großen Teil meines Lebens verbracht. Meine erste eigene Wohnung war hier, ich habe das erste Mal alleine für mich gesorgt. Da ist schon viel passiert.
Wer waren die wichtigsten Personen für Dich in Hannover?
Maina: Ich habe mich eigentlich immer mit allen gut verstanden, aber klar, ich hatte im ersten Jahr einen extrem guten Draht zu Salif (Sané, Anm. d. Red.) und Charlie (Benschop), zudem auch zu Felipe und etwas später zu Ihlas (Bebou) – als ich rausgefunden habe, dass er sprechen kann (lacht). Dann kamen "Duckschi" (Marvin Ducksch), "Flo" (Muslija) und "Waldi" (Anton) dazu. Dieses Jahr sind es dann „Kerki“ (Sebastian Kerk) und Maxi (Beier). Trotzdem habe ich aber auch neben dem Platz immer wichtige Bezugspersonen gehabt. Micky zum Beispiel, das ist mein bester Kollege hier. Mit dem habe ich in der Jugend zusammengespielt. Eigentlich sind wir gefühlt fast eine WG, weil wir uns jeden Tag sehen. Er war immer für mich da, auch wenn es mal nicht so lief.
Was ist mit Deinen Freunden aus Deiner Heimatstadt Berlin?
Maina: Klar, meine Freunde aus Berlin sind auch oft gekommen, aber Micky und auch seine ganze Familie, bei denen ich auch oft mitgegessen habe, weil ich jetzt nicht so der Meisterkoch bin, waren schon sehr wichtig für mich. Darüber hinaus will ich gar keine Namen nennen, weil es so viele wären. In den acht Jahren habe ich so viele Kontakte geknüpft und habe auch immer gemerkt, dass so viele Personen für mich da sind, wenn ich verletzt war oder Hilfe brauchte. Das war schon toll.
Was wirst Du am meisten vermissen an Hannover?
Maina: Das "Palo" (lacht). Nein, Spaß. Ich werde alles vermissen, auch so Kleinigkeiten: Den Weg zum Training, meine Wohnung, die Nachbarn, die Leute hier. Ich habe mich hier einfach immer wohlgefühlt. Ich bin ein Mensch, der das einfach auch braucht, der sich wohlfühlen muss.
Gibt ein ganz besonderes Highlight in Deiner Zeit hier?
Maina: Das Freitagabendspiel in der Saison 2018/19 gegen Borussia Dortmund – das war mein erstes Heimspiel vor ausverkauftem Haus und mein zweites Profispiel von Anfang an. Da durfte ich gegen Marco Reus spielen und bin am Ende sogar "Man oft the Match" geworden. Das war schon das krasseste Spiel. Da habe ich das erste Mal gemerkt, dass ich mithalten kann. 90 Minuten durchgespielt gegen so einen Gegner mit hochkarätigen Spielern, das war für mich mein Highlight -Spiel. Aber es gab natürlich so viele tolle Spiele. Mein erstes Tor oder der Derbysieg hier - das waren auch ganz besondere Momente.
Was war Dein schwerster Moment hier?
Maina: Der kommt wahrscheinlich noch – am Sonntag.
Fällt Dir der Abschied so schwer?
Maina: Ich konnte mir die letzten acht Jahre nicht vorstellen, zu gehen. Aber vielleicht ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, an dem eine Veränderung gut wäre. Nochmal was Neues zu sehen und die Möglichkeit zu haben, mich noch einmal in einer höheren Spielklasse zu beweisen. Trotzdem wird mir der Abschied am Sonntag extrem schwerfallen. Auch wenn schon oft geschrieben wurde, dass ich wechseln will. Aber da muss ich ehrlich sagen: Ich hatte zwei, drei Male die Möglichkeit, aber ich wollte das nicht und konnte es auch nicht. Auch wenn ich hier nicht geboren wurde, identifiziere ich mich inzwischen einfach voll mit 96 und werde dem Verein immer nur das Beste wünschen. Vielleicht mache ich jetzt ja auch einfach Platz für jemanden, der die Mannschaft hochschießt (lacht).
Wie wirst Du die Geschehnisse hier vor Ort weiterverfolgen?
Maina: Ich werde immer, wenn es passt, die Spiele von 96 schauen. Nach dem Abstieg war es mein großes Ziel, wieder aufzusteigen. Das ist mir leider nicht gelungen. Jetzt habe ich im Gefühl, dass, wenn ich weggehe, Hannover wieder aufsteigt (lacht). Ich würde mir auf jeden Fall wünschen, wenn es in den nächsten Jahren mal wieder nach oben geht. Vor allem auch für die Fans.
Wie meinst Du das?
Maina: Die Fans sollen mal zehn Spiele in Folge begeistert von 96 sein und nicht von Woche zu Woche immer überrascht werden und neu darüber nachdenken müssen, was schiefläuft. Das wünsche ich dem Klub, den Spielern und vor allem auch den Fans.
Lieber Linton, wir sind stolz, dass wir Dich hier acht Jahre lang vom Nachwuchs über die ersten Schritte bei den Profis bis jetzt begleiten durften. Mach es gut, wir wünschen Dir von Herzen alles erdenklich Gute!