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"96 soll für jeden Fan ein Zuhause sein"

Anlässlich des heutigen Erinnerungstags im Deutschen Fußballs, der im Zeichen der Inklusion steht, möchten wir Euch unseren Behindertenfanbeauftragten näher vorstellen. Detlef Kühne berichtet im Interview von seiner spannenden Tätigkeit.

/ Engagement, Klub, Fans

Zugang und Inklusion im Stadion sind für Hannover 96 wichtige Themen. Wieso ist das so?

Detlef Kühne: Es geht darum, dass alle Menschen – ob mit oder ohne Behinderung – das Erlebnis Hannover 96 haben können. Dafür setzen wir uns ein: Jeder soll Zugang in unsere Arena bekommen und ein tolles 96-Erlebnis haben.         

Wie kann ein Behindertenbeauftragter dazu beitragen, dieses Erlebnis zu verbessern?

Kühne: Ich als Behindertenfanbeauftragter stehe im ständigen Austausch mit unseren Verantwortlichen, um Themen voranzutreiben, gegebenenfalls vorhandene Barrieren abzubauen und die Angebote rund um den Stadionbesuch für Menschen mit Behinderung stetig zu erweitern.

Dir ist der Austausch mit den behinderten Fans sehr wichtig – Du kommunizierst sehr viel, auch abseits der Spieltage. Wieso?

Kühne: Der Austausch mit den Menschen ist extrem wichtig. Man erfährt so, wo es vielleicht Hürden und Probleme gibt, die gelöst werden müssen, aber man bekommt auch positives Feedback für Dinge, die umgesetzt wurden. Ohne einen ständigen Austausch würde ich meine Arbeit hier nicht erledigen können – zumindest nicht gut.

Welche Art Behinderungen haben die Menschen denn, für die Du als Ansprechpartner fungierst?

Kühne: Rollstuhlfahrer, blinde und sehgeschädigte Fans, gehörlose und schwerhörige Fans, Fans mit eingeschränkter Mobilität und Fans mit geistigen Behinderungen – wir haben Fans mit ganz unterschiedlichen Behinderungen regelmäßig bei uns im Stadion. Das freut uns sehr, denn: Sie würden nicht kommen, wenn wir ihnen kein schönes Erlebnis bieten könnten. Viele von den angesprochenen Fans sind – natürlich in Vor-Corona-Zeiten – auch langjährige Dauerkarteninhaber gewesen, was ja auch für uns und die Möglichkeiten in unserem Stadion spricht.   

Was macht denn den Stadionbesuch für Menschen mit Behinderung in Hannover aus? Welche Angebote und Initiativen gibt es da?

Kühne: Das geht los beim Weg zum Stadion. Dafür haben wir vor einiger Zeit einen Videowegweiser produziert, der Menschen mit Behinderung, beispielsweise Sehbehinderte oder Rollstuhlfahrer, eine sehr bedarfsgerechte Orientierung für den Besuch in der HDI Arena gibt. Zu finden ist dieser Wegweiser auf der Homepage von Hannover 96 unter dem Menüpunkt „Fans“ und dann „Barrierefrei zum Heimspiel“. Mit dem Videowegweiser haben wir wirklich voll ins Schwarze getroffen. Ich habe nur positive Nachrichten bekommen – wir sind damit deutschlandweit Vorreiter. 

Was passiert während des Spiels?

Kühne: Wir haben natürlich spezielle Plätze für Rollstuhlfahrer. Für Gehörlose gibt es das Angebot eines Gebärdensprachdolmetscher. Und auch für Sehbehinderte gibt es einen bestimmten Block. Dort bieten wir den sehr beliebten Sehbehindertenkommentar an, der inzwischen ja auch eng mit dem Roten Radio verbunden ist. Das ist ein toller Service. Die Menschen bekommen per Kommentar mit einem speziellen Audiosystem aufs Ohr, welche Spielsituation gerade ist und wo sich der Ball befindet. Aber natürlich saugen sie auch die Emotionen des Stadions und der Fans auf den Rängen auf. So ist das Spiel auch für sie ein echtes Erlebnis, obwohl sie es nicht sehen können.

Gibt es auch Auswärtsfahrten?

Kühne: Ja, da sind unsere Inklusions-Auswärtsfahrten nach Dortmund, zum Hamburger SV oder auch zum FC St. Pauli zu erwähnen. Alle Fans, die dabei waren, waren begeistert und wünschen sich mehr solcher Fahrten. Aktuell ist das schwierig, aber das wollen wir, sobald es wieder geht, gern erneut durchführen.

Ist da schon etwas geplant? Und was nehmt Ihr Euch generell für die Zukunft vor?

Kühne: Für die Spiele auf St. Pauli und am vorletzten Spieltag beim HSV würde ich gerne Inklusions-Auswärtsfahrten anbieten, falls die Pandemie es zulässt. Für die Sehbehindertenreporter steht im Laufe der Rückrunde eine Weiterbildung an. Und auch den Videowegweiser wollen wir überarbeiten und noch weiter verbessern. Es gibt immer noch etwas zu tun.

Gibt es bei Hannover 96 auch Fanclubs aus dem Kreis der Menschen mit Behinderung?

Kühne: Ja, klar! Die letzte Fanclubgründung, die ich unterstützt habe, war die von unseren gehörlosen Fans: der "DEAF 96-Fanclub". Ich arbeite mit mehreren Fanclubs mit Menschen mit Behinderung zusammen, stehe im regelmäßigen Austausch mit ihnen und besuche ab und zu Fanclubtreffen – wenn ich eingeladen werde (lacht).

Wenn sich sogar neue Fanclubs bilden – und auch vor dem Hintergrund der vielfältigen Angebote, die 96 bietet: Hast Du einen Anstieg der Zahl von Fans mit Behinderung feststellen können?

Kühne: Absolut. Wir konnten in den vergangenen Jahren einen stetigen Anstieg von Fans mit Behinderung bei den Heimspielen feststellen. Das freut uns ganz besonders, denn 96 soll für jeden Fan ein Zuhause sein und ein tolles Erlebnis bieten. Aber das bedeutet auch Verantwortung. Inwiefern? Die steigende Zahl der Gäste hat uns zum Beispiel dazu bewogen, noch zusätzliche Rollstuhlplätze zu schaffen. Die Plätze für sehbehinderte und blinde Fans haben wir ebenfalls erweitert. Und das Angebot des Gebärdensprachdolmetschers ist im Zuge der Einrichtung eines Bereichs für unseren „DEAF 96-Fanclub“ hinzugekommen.

Zum Abschluss: Gibt es eine persönliche Story in Bezug auf Deine Rolle, die Du gerne mit uns teilen würdest?

Kühne: Die eine spezielle Story gibt es nicht. Wahrscheinlich wäre es am ehesten meine eigene. Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich zu dieser tollen Aufgabe gekommen bin, und ich möchte gerne auch betonen, wie fantastisch Hannover 96 mich mit all seinen Abteilungen bei meiner Tätigkeit unterstützt.


Klares Statement gegen das Vergessen - und für Inklusion
Hintergrund des Erinnerungstags im Deutschen Fußball, der von der Initiative "!Nie wieder" ins Leben gerufen wurde, ist die Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz, die sich am heutigen 27. Januar 2022 zum 77. Male jährt. Gemeinsam mit den weiteren Klubs der 1. und 2. Liga wollen wir dazu beitragen, dass die schrecklichen Taten des nationalsozialistischen Regimes niemals vergessen werden.

In jedem Jahr wird auf einen bestimmten Teilbereich der schlimmen Gräueltaten der NS-Zeit besonders aufmerksam gemacht. 2022 ist es der Umgang mit Menschen mit Beeinträchtigung. Hannover 96 setzt in diesem Zuge ein klares Statement für Inklusion.

 

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