Tor des Willens
An drei Gegenspielern vorbei, dann an einem hängengeblieben, den Ball zurückerobert, weggerutscht und schließlich durch vier weitere Gegenspieler hindurch und das Leder unter die Latte gehämmert: Der Treffer von Jessic Ngankam am vergangenen Samstag im Heimspiel gegen den Karlsruher SC war ein Tor des puren Willens - auch an seinem frenetischen Jubel nach dem Erfolg zu sehen. Dieses Gen zeichnet den 96-Stümer aus - wie er zugibt bereits seit der Kindheit. "Wenn es um etwas geht, kann ich nicht verlieren", verrät er mit einem Grinsen und ergänzt: "Das war schon immer so, selbst beim Kartenspielen." Stehe mal kein Triumph zu Buche, "drehe ich durch."
Bolzplatz als Ausbildungsstätte
Erlernt hat er dieses Charaktermerkmal schon in jungen Jahren in seiner Heimat Berlin. Viele Stunden verbrachte er dort auf den Bolzplätzen. "Am Wochenende war der Bolzplatz bei uns in Spandau immer richtig voll, da waren 20 bis 30 Leute", erinnert sich der heute 24-Jährige zurück. Unausweichlich also, konstant sein Talent unter Beweis stellen zu müssen. "Wir haben da Teams gebildet, das Siegerteam ist draufgeblieben. Da lernst du Siegeswillen", betont er. Ansonsten war man auch schon mal länger zum Zuschauen verdammt. "Wenn du verloren hast, musstest du raus und warten - manchmal eine Stunde", so unsere Nummer 7 und erklärt auch gleich, warum das zum lästigen Problem werden konnte: "Das ist schon blöd, wenn deine Mutter dich drei Stunden rauslässt und du musst zwei Stunden davon warten." Und wenn es schlecht lief, galt es in den Pausen sogar noch Kurierleistungen zu vollbringen. "Als jüngster Spieler musste ich ab und zu für andere auch schon mal ganz klassisch Eistee holen", sagt er lachend. Deswegen galt für ihn auch schon lange: "Da musst du dich durchboxen."
"Das spielt eine große Rolle"
Bei 96 wurde Ngankam dafür am letzten Wochenende mit einem Tor belohnt - es war sein zweiter Saisontreffer. Außerdem gelang dem Angreifer schon eine Vorlage. Seinen Start in Hannover bewertet er nicht nur deshalb positiv. "Es wird von Tag zu Tag, von Woche zu Woche immer besser", lässt er durchblicken. In dieser Spielzeit hat er schon fast so viele Minuten auf dem Platz gestanden, wie in der gesamten Vorsaison. Verletzungen bremsten ihn immer wieder aus. "Ich trainiere und spiele wieder regelmäßiger, das spielt eine große Rolle", erläutert Ngankam.
Vertrauen des Trainers
Ein weiterer wichtiger Faktor für den Mann mit kamerunischen Wurzeln: "Ich hatte von Anfang an das Vertrauen vom Trainer", macht er deutlich. Mit 96-Chefcoach Stefan Leitl arbeitete er bereits in der Saison 2021/22 bei der SpVgg Fürth zusammen. Die beiden verfügen "über einen guten Draht. Den hat er aber zu allen Spielern." Im Trainingsalltag horche Leitl immer wieder in seine Schützlinge hinein. "Er nimmt dich mal zur Seite, spricht mit dir - nicht nur über Fußball, das verbindet einen noch mehr", berichtet der Offensivmann. So fällt sein generelles Fazit über die ersten Monate als Roter aus: "Ich fühle mich pudelwohl hier, auch mit der Mannschaft läuft es super." So darf es gerne weitergehen.
nik