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Addo, der Pionier

Otto Addo ist 1998 mit Hannover 96 in die zweite Liga aufgestiegen und hat später mit Borussia Dortmund die deutsche Meisterschaft gewonnen. Heute ist er als Übergangstrainer tätig. Was er da genau macht, verrät Addo in Teil neun unserer Serie "Was macht eigentlich ...?".

/ Profis
Lang ist's her: Otto Addo beim 96-Training im Mai 1999.

Döner essen mit Emre Mor
Manchmal sind Otto Addo und Emre Mor einfach nur zusammen Döner essen gegangen. Und dann haben sie sich unterhalten, über Fußball, Familie, Freunde. "Das war wichtig, um den Jungen kennenzulernen und zu verstehen, wo vielleicht Probleme sind", sagt Addo. Denn er wusste ja, dass dieser Emre Mor, der damals noch ein Teenager war, unerhört gut Fußball spielen konnte. Nur zeigte er das viel zu selten und machte immer wieder Ärger. "Emre stand kurz vor dem Rauswurf", sagt Addo. Also begann er, sich zwei-, dreimal in der Woche mit dem Jungen zu treffen. Und das zahlte sich aus. Mor spielte plötzlich so, wie es sich die Verantwortlichen vom FC Nordsjælland erhofft hatten. Ein paar Monate später verkauften sie ihn für neun Millionen Euro an Borussia Dortmund.

Otto Addo erzählt diese Geschichte gern, wenn er über seinen neuen Beruf redet. Weil erst dann so richtig klar wird, was er eigentlich macht. Otto Addo ist Übergangstrainer. Er kümmert sich um die Talente von der U17 bis zu den Profis, aber er trainiert nicht nur mit ihnen, er steht ihnen auch abseits des Platzes zur Seite. Seit Sommer 2017 ist er in dieser Funktion für den Bundesligisten Borussia Mönchengladbach tätig. Als erster und bislang einziger Übergangstrainer in Deutschland, was sicher auch daran liegt, dass es diesen Posten im Profifußball erst seit zweieinhalb Jahren gibt. Otto Addo hat ihn selbst erfunden. Beim dänischen Erstligisten FC Nordsjælland.

Konzept für bessere Nachwuchsarbeit
Dort hatten sie zur Saison 2016/2017 eigentlich nur einen neuen Co-Trainer gesucht. Einen, der sich um die Jungen im Team kümmert und der obendrein Erfahrung mit ghanaischen Spielern hat. Der FC Nordsjælland setzt nämlich vermehrt auf ghanaische Nachwuchsspieler, seit der britische Geschäftsmann Tom Vernon Mehrheitseigner beim Klub aus dem Kopenhagener Vorort Farum ist. Vernon hat schon vor Jahren eine Fußballakademie in Ghana gegründet. Addo, in Hamburg geboren, aber Sohn eines Ghanaers, passte perfekt ins Anforderungsprofil.

Also nahm er im Sommer 2016 seine Arbeit als Assistent von Cheftrainer Kasper Hjulmand auf, und schon wenig später begann Addo damit, ein eigenes Konzept für eine noch bessere Nachwuchsförderung zu erstellen. "Es gibt unglaublich viele Talente", sagt Addo, "aber viele schaffen es aus den unterschiedlichsten Gründen nicht, sich im Profibereich durchzusetzen." Das wollte er ändern, indem er den jungen Spielern den Übergang vom Junioren- in den Profibereich erleichtert. Und aus dieser Idee entstand der Posten des Übergangstrainers.

Rückkehr nach Deutschland
"Wir waren sehr erfolgreich", sagt Addo. Dennoch zog es den 43-Jährigen schon nach einem Jahr zurück in die Heimat. Addo wollte zurück zu seiner Frau und seinen drei Kindern, die noch immer in Deutschland lebten, und er wollte zurück in die Bundesliga. "In Deutschland hat Fußball einfach noch mal eine ganz andere Bedeutung als in Dänemark", sagt er. Also machte sich sein Berater auf die Suche nach einem neuen Job - und meldete sich schon wenig später mit einem Angebot von Borussia Mönchengladbach.

Dort arbeitet Addo nun zusammen mit Cheftrainer Dieter Hecking, mit dem er einst auf dem Rasen stand, Ende der Neunziger, im Trikot von Hannover 96. Hecking gehörte damals zu den "erfahrenen Alten", wie es Addo nennt, die die "jungen Wilden" um Addo, Gerald Asamoah, Fabian Ernst, Babacar N’Diaye und Steven Cherundolo "immer im Zaum gehalten haben. Sie haben dafür gesorgt, dass wir trotz aller Erfolge auf dem Teppich geblieben sind und weiter hart an uns gearbeitet haben", sagt Addo. Das sei damals durchaus nötig gewesen.

Aufstieg mit Hannover 96
Mit der richtigen Mischung aus "erfahrenen Alten" und "jungen Wilden" schaffte es 96 in der Saison 1997/1998 aus der Regionalliga zurück in die zweite Liga - und wäre im Jahr danach beinahe bis in die erste Liga durchmarschiert. "Das war eine sehr, sehr geile Zeit", sagt Addo, der 1996 vom VfL 93 Hamburg nach Hannover gewechselt war. Der damalige 96-Manager Franz Gerber und Trainer Reinhold Fanz hatten in jenen Jahren eine starke Mannschaft zusammengestellt. "Da passte einfach alles", sagt Addo, "das Scouting, die Jugendarbeit, die Trainerarbeit."

Zahlreiche Talente nutzten Hannover 96 zu jener Zeit als Sprungbrett und machten Karriere: Ernst zum Beispiel, der später mit Werder Bremen die deutsche Meisterschaft gewann. Oder Asamoah, der auf Schalke zum Nationalspieler reifte und 2002 Vize-Weltmeister wurde. Und natürlich Addo, der 1999 ebenfalls in die erste Liga wechselte, zum BVB, dem nächsten Gegner der Roten in der Fußball-Bundesliga an diesem Samstag (15.30 Uhr).

Wechsel zum BVB für 500.000 D-Mark
Gerade einmal 500.000 D-Mark mussten die Dortmunder damals für Addo zahlen, der sich mit starken Auftritten in der zweiten Liga auf die Einkaufsliste etlicher Klubs gespielt hatte. "Ich hatte die Wahl zwischen zehn Angeboten", sagt Addo. Unter anderem hatten der Hamburger SV, Eintracht Frankfurt, Hertha BSC und der VfB Stuttgart angefragt. Addo aber entschied sich für Dortmund, wenn auch erst nach reiflicher Überlegung. "Ich wusste anfangs nicht, was besser für meine Karriere ist", sagt er, "zu einem Topklub gehen? Oder erst noch einen Zwischenschritt machen bei einem Klub, bei dem ich mehr Chancen auf Spielzeit habe." Am Ende machte Addo alles richtig. Er blieb sechs Jahre beim BVB, wurde 2002 deutscher Meister, erreichte das Uefa-Pokalfinale und avancierte zum Publikumsliebling. Unvergessen, wie er im September 2003 gegen Austria Wien mit gerissenem Kreuzband über den Platz sprintete und ein Tor erzielte.

Im Sommer 2005 war trotzdem Schluss für ihn in Dortmund. Auch, weil sein Knie immer wieder Probleme machte. Addo wechselte zum 1. FSV Mainz 05 - und zog sich erneut einen Kreuzbandriss zu, den dritten in seiner Karriere. "Danach hat das Knie immer wieder gestreikt", sagt Addo, "es war einfach nicht mehr so belastbar." Addo verlor seinen Stammplatz, machte aber das Beste aus seiner Situation: Er schlüpfte in eine neue Rolle, wurde eine Art Mentor für die jungen Spieler im Team. "Das war sehr lehrreich für mich", sagt er heute. Im Sommer 2007 ließen die Mainzer den Vertrag auslaufen.

Erste Trainerstation in Hamburg
Addo zog zurück nach Hamburg und unterschrieb einen Vertrag beim HSV, der ihn für die zweite Mannschaft holte und ihm eine Anschlussbeschäftigung zusagte. Im Sommer 2009 beendete Addo seine aktive Laufbahn und wurde Co-Trainer der U19 des HSV. Ein Jahr später, im Sommer 2010, stieg er zum Cheftrainer der U19 auf. Addo hatte Spaß bei der Arbeit, fühlte sich wohl im Verein - musste im Sommer 2015 aber dennoch gehen. Otto Addo war plötzlich arbeitslos - bis er eine Anfrage aus Dänemark erhielt. Der Rest ist bekannt.
hop

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