"Wurden vom Platz getragen"
Steinwedel, der bereits seit 1948 das 96-Trikot getragen hatte, war maßgeblich am unerwarteten Aufstieg der 96-Mannschaft 1964 in die ein Jahr zuvor gegründete Bundesliga beteiligt. In der Aufstiegsrunde zur Bundesliga bestritt er fünf der sechs Aufstiegsspiele. "Wir begannen auswärts bei Hessen Kassel und hatten weiche Knie, weil der Gegner als Aufstiegsfavorit gehandelt wurde. Nach dem überraschenden 2:1-Sieg waren wir dann aber sehr zufrieden", beschreibt er das erste Spiel der Runde. Vor dem letzten Spiel war klar, dass Hessen Kassel in Hannover mit 4:0 siegen musste, um den Aufstieg der Roten in die Bundesliga noch verhindern zu können. "Wir haben die Partie vom Anpfiff an dominiert", erinnert sich Steinwedel. "Wir haben unser Spiel aus der Verteidigung sicher aufgebaut und lagen zur Halbzeit durch Tore von Fredi Heiser und Walter Rodekamp bereits mit 2:0 in Führung. Als Walter Rodekamp dann zehn Minuten vor dem Ende das 3:0 erzielte, war die Freude auf dem Spielfeld, auf der Trainerbank und unter den über 70.000 Zuschauern im Niedersachsenstadion riesig." Daran sollte auch das Ehrentor der Gäste zum 1:3 nichts mehr ändern - 96 war in der Bundesliga. "Wir wurden nach dem Abpfiff von den 96-Anhängern vom Platz getragen", beschreibt Steinwedel den Aufstieg noch heute sehr lebendig.
Oberhaus-Premiere in Dortmund
Auch ans erste Duell im Fußball-Oberhaus hat Steinwedel noch lebendige Erinnerungen - am 22. August 1964 ging es zu Borussia Dortmund. "Es war ein tolles Erlebnis, die Mannschaft auf den Platz gegen den Meisterschaftsfavoriten zu führen. Wir hatten zwar weiche Knie, fanden aber gut ins Spiel gegen einen Gegner, der eine namhafte Mannschaft mit zahlreichen Nationalspielern aufbot." Zur Pause stand es dann tatsächlich noch 0:0. "Die BVB-Spieler moserten uns auf dem Weg in die Kabinen giftig an – aber wir blieben unbeeindruckt", schmunzelt Steinwedel. "Und dann zeigten wir nach der Pause einen tollen Start", erzählt er weiter. "Walter Rodekamp schoss in der 53. Minute flach zum 1:0 ins Dortmunder Tor und die knapp 500 Fans aus Hannover machten sich lautstark bemerkbar. Danach herrschte eine gespannte Stille im Stadion Rote Erde – bis Walter Rodekamp erneut eine Flanke von Werner Gräber volley in der 58. Minute zum 2:0 ins Dortmunder Tor hämmerte. Danach haben uns auch die Dortmunder Anhänger beklatscht." 96 gewann das Spiel am Ende sicher - und war dadurch nach dem ersten Bundesligaspiel auch gleich Tabellenführer.
Sieg im ersten Bundesliga-Heimspiel
Eine Woche später empfing 96 den 1. FC Köln zum ersten Heimspiel in der Bundesliga. "Wir hatten mehr als 75.000 Zuschauer im Niedersachsenstadion im Rücken. Der Erfolg in Dortmund hatte uns gezeigt, dass wir in der Bundesliga mithalten konnten und wirkte sich positiv auf uns als Team aus - wir dominierten den Gegner vom Anpfiff an", berichtet Steinwedel. Die Partie endete 2:0. "Die Zuschauer feierten uns. Es war eine Sensation, dass wir, der Bundesliga-Aufsteiger, gleich an der Tabellenspitze standen." Den Spitzenplatz hatte 96 zum Ende der Saison zwar nicht mehr inne, ein starker Rang 5 stand dennoch zu Buche. Für 96 und Steinwedel folgten bekanntlich weitere Jahre im Fußball-Oberhaus, zur Saison 1966/67 gab Steinwedel das Kapitänsamt dann aber ab. Am 10. Dezember 1966 bestritt er im Alter von 28 Jahren sein letztes Bundesligaspiel. "Zum 1. August 1967 wurde eine interessante Position im Sportamt der Stadt Hannover frei", erklärt Steinwedel seine damalige Entscheidung. "Diese zu besetzen und gleichzeitig noch als Fußballer aktiv zu sein, war ausgeschlossen. Ich beriet mich mit meiner Frau und wir entschieden gemeinsam, dass ich den Job bei der Stadt annehmen solle."
Kurioses im Oberliga-Derby
Und auch wenn Steinwedel am Ende auf 60 Bundesligaspiele zurückblicken konnte - das ungewöhnlichste Duell gab es für den Abwehrmann einst in der Oberliga. Im Derby gegen den BTSV am 3. März 1962 führte 96 früh mit 1:0. In der 16. Minute schied dann jedoch 96-Torwart Dieter Meyer nach einem unglücklichen Zusammenprall mit einer Verletzung am Schultereckgelenk aus. Da man zur damaligen Zeit noch keine Spieler auswechseln konnte, musste Steinwedel den Platz zwischen den Pfosten übernehmen, während der verletzte Torwart in der Kabine behandelt wurde. Bis zur Pause musste Steinwedel zweimal hinter sich greifen, 96-Stürmer Viktor Schmidtke sorgte allerdings mit einem knallharten Schuss für den 2:2-Halbzeitstand. Nach dem Seitenwechsel mischte der verletzte Torwart Meyer wieder mit – allerdings nur als Rechtsaußen, den verletzten Arm mit einer Binde an seiner Schulter festgebunden. Nachdem die Gäste mit 3:2 in Führung gegangen waren, flankte 96-Stürmer Schmidtke in der 82. Minute den Ball vor das Tor des Gegners, der stürmende Torwart Meyer wuchtete sich hoch, vergaß die Schmerzen in der Schulter und köpfte den Ball zum 3:3-Endstand ein. Ein wahrlich kurioses Derby.
Im Anschluss an seiner aktive Zeit spielte Steinwedel noch einige Zeit in der 96-Traditionsmannschaft. Nach seinem Umzug nach Neustadt entdeckte er neben Tennis am Steinhuder Meer das Segeln als neues sportliches Hobby für sich.
Zu seinem 85. Geburtstag wünschen wir Heinz Steinwedel alles erdenklich Gute, viel Zufriedenheit im neuen Lebensjahr und vor allem beste Gesundheit!