Zweikämpfe über Zweikämpfe
Als Mittelfeldspieler vor der Abwehr auf der "Sechser-Position" gehören Zweikämpfe, wenn nötig auch hart geführte oder taktische, unter anderem zu den Hauptaufgaben. "Manchmal musst du halt ein taktisches Foul ziehen", bestätigt 96-Sechser Fabian Kunze. Wer austeilt, muss auch einstecken - in diesem Fall die Karten der Schiedsrichter. Oftmals gehören die defensiven Mittelfeldspieler zu den Akteuren, die über die Saison gesehen die meisten Karten ihres Teams sammeln. Auf die Frage, welche statistischen Werte ihm am Wichtigsten seien, antwortet "Kunzi" positionsgetreu: "Die Laufquote, die Passquote und die Zweikampfquote." Diese Daten sind nun einmal Elementar als Abräumer, die auch liebevoll als "Staubsauger" bezeichnet werden. "Man ist das gesamte Spiel in Zweikämpfe verwickelt", verdeutlicht Kunze, der mit 158 geführten Duellen auf dem Platz 96-intern auch die meisten Zweikämpfe in dieser Saison geführt hat.
"Sechser" und die Karten
Der 25-Jährige hat in seiner letztjährigen Debüt-Saison für Hannover 96 in 32 Pflichtspielen 13 Gelbe Karten und eine Gelb-Rote Karte gesammelt, im Ligabetrieb ist er mit zwölf Verwarnungen und der Ampelkarte gleich dreifach gesperrt gewesen - am 11., 23. und 26. Spieltag. Zur Einordnung: Das Kartensammeln hatte Kunze im Ligavergleich nicht exklusiv. Unsere Nummer sechs war in der Kategorie "Gelbe Karten" mit diesem Wert nicht Spitzenreiter in der 2. Bundesliga. Benedikt Gimber, ebenfalls "Sechser" von Beruf, hatte im Regensburg-Dress 13 Karten in Gelb im Ligaalltag gesehen, zwölfmal den Gelben Karton gab es wie bei Kunze für Jannis Nikolaou vom BTSV und Marvin Mehlem vom SV Darmstadt 98 - beide sind auch im zentralen Mittelfeld beheimatet. Kunze befand sich also in positionsbedingter Gesellschaft, trotzdem zeigt sich der 96-Spieler rückblickend selbstkritisch und stellt klar fest: "Es waren in der letzten Saison schon auch vermeidbare Gelbe Karten dabei."
Fouls im Rahmen
Kunze hat also seine Lehren gezogen. "Ich denke schon, dass ich da dazu gelernt habe", sagt er und spricht auch seine manchmal "unclevere Zweikampfführung" aus der Vorsaison an. Dass er aber in dieser Saison in den ersten neun Pflichtspieleinsätzen keine einzige Karte sehen würde, daran hätte er wohl selbst kaum zu glauben gewagt. Es ist auch nicht so, dass Kunze keine Fouls mehr begeht. In der laufenden Saison stehen deren 17 zu Buche - aber er bleibt damit in einem Rahmen, der die Schiedsrichter veranlasst, es mit einer kräftigen Ansprache bewenden zu lassen. Übrigens: Mit neun Fouls gegen ihn ist der gebürtige Bielefelder der 96er, der auch am vierthäufigsten einstecken musste.
Persönliche und kollektive Weiterentwicklung
Die Statistiken vom Auftritt am Wochenende beim 2:0-Heimsieg gegen den SV Wehen Wiesbaden bestätigte einmal den Eindruck von Kunze 2.0: Gegen die Hessen tat sich der Mittelfeldmann mit den meisten gewonnen Zweikämpfen (16) aller Akteure auf dem Rasen der Heinz von Heiden Arena hervor. Ihm selbst ist es wichtig, noch einen weiteren Faktor zu benennen, weswegen die Kartenflut vorerst gestoppt wurde: "Die Kommunikation auf dem Platz funktioniert noch besser als in der letzten Saison." Sowohl mit Nebenmann Enzo Leopold als auch mit der Dreierkette dahinter und den Flügelspielern harmoniert das Zusammenspiel zurzeit hervorragend. Durch die noch größere Geschlossenheit im Teamverbund hat der Gegner noch weniger Räume, sodass auch der „Staubsauger“ nicht unter Volllast laufen muss. So ist der Kunze-Gelb-Stopp also eine Mischung aus persönlicher und kollektiver Weiterentwicklung. Und auch wenn die erste Karte der Saison irgendwann einmal unvermeidbar sein wird, gilt für alle Beteiligten ganz klar: Weiter so!
cvm