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Kovacec und das verfluchte Flutlicht

Kreso Kovacec war Mitte der Neunzigerjahre einer von zwei "TORnados" bei Hannover 96 und spielte zum Ende seiner Karriere für den FC Augsburg. Heute hat er mit dem Profifußball weitestgehend abgeschlossen. Wie es dazu gekommen ist, und was er stattdessen macht, erzählt Kovacec in Teil zwei unserer neuen Serie "Was macht eigentlich …?"

/ Profis

Verhängnisvoller Abend in Cottbus
Das Flutlicht ist schuld. Davon ist Kreso Kovacec bis heute überzeugt. Wäre es an jenem verhängnisvollen Juni-Abend 1997 in Cottbus nicht einfach ausgegangen, dann hätte Hannover nicht den Aufstieg verspielt, und Kreso Kovacec hätte noch viele Tore für die Roten geschossen. "Das Flutlicht", sagt er, "hat alles verändert." Den Spielverlauf. Das Ergebnis. Seine Zukunft.

Aber der Reihe nach.

Im Sommer 1995 wechselt Kreso Kovacec, ein Hamburger Jung mit kroatischen Wurzeln, vom Drittligisten Concordia Hamburg zum Zweitligisten Hannover 96. In seiner ersten Saison trifft er sechsmal, kann den Abstieg der Roten in die Regionalliga Nord aber auch nicht verhindern. "Das hat echt blöd angefangen mit mir damals in Hannover", sagt Kovacec, dem im zweiten Jahr der große Durchbruch gelingt. Kovacec erzielt 25 Tore, sein Sturmpartner Vladan Milovanovic sogar 27. Der Boulevard nennt sie ehrfurchtsvoll "TORnados". Kovacec gefällt das.

"Dieses Spiel verfolgt mich bis heute"
"Wir hatten damals eine tolle Mannschaft", sagt er, "mit jungen Spielern wie Otto Addo, Gerald Asamoah und Fabian Ernst." Mit diesen Talenten und den "TORnados" im Angriff wird Hannover in der Saison 1996/1997 Meister in der Regionalliga Nord, fünf Punkte vor Eintracht Braunschweig, und muss auf dem Weg zurück in die zweite Liga nur noch eine Hürde nehmen: die Aufstiegsrunde gegen Energie Cottbus, den Meister der Regionalliga Nordost.

Das Hinspiel in Hannover endet 0:0, das Rückspiel steigt am Abend des 5. Juni 1997 im Stadion der Freundschaft in Cottbus. "Dieses Spiel“, sagt Kovacec, "verfolgt mich bis heute." Cottbus geht in Führung, doch Ernst trifft noch vor der Pause zum Ausgleich. Die Roten dürfen vom Aufstieg träumen. "Wir waren die klar bessere Mannschaft", sagt Kovacec, "auch in der zweiten Halbzeit. Und dann geht nach einer Stunde einfach das Licht aus." Die Umstände sind bis heute ungeklärt. "Das hat uns total aus dem Konzept gebracht", sagt Kovacec. Als das Flutlicht nach zwölf Minuten wieder strahlt und die Partie fortgesetzt wird, geht nichts mehr bei 96. Cottbus gewinnt das Spiel mit 3:1 und steigt auf, Hannover bleibt drittklassig. "Diesen Herzschmerz", sagt Kovacec, "werde ich nie mehr vergessen."

Wechsel nach Berlin
Die sportliche Enttäuschung hat auch Folgen für Kovacec. Aus finanziellen Gründen muss sich 96 von einigen Leistungsträgern trennen, und Kovacec, der mit seinen vielen Toren auf sich aufmerksam gemacht hat, steht bei zahlreichen Klubs auf der Liste. "Wenn wir es in Cottbus nicht vermasselt hätten, wäre ich sicher länger in Hannover geblieben", sagt Kovacec. So aber ist Ende 1997 Schluss für ihn. Nach 78 Spielen und 41 Toren im Trikot der Roten wechselt der Angreifer während der Saison 1997/1998 zu Tennis Borussia Berlin.

Kovacec überzeugt auch dort und unterscheibt im Sommer 1999 einen Vertrag beim Bundesligisten Hansa Rostock. Doch es läuft nicht so wie erhofft. Kovacec verletzt sich schwer. Erst reißt das Kreuzband, dann die Patellasehne. Viermal wird er am Knie operiert. "Danach war ich nicht mehr der Alte", sagt Kovacec. In seiner zweiten Saison in Rostock macht er nur neun Spiele, in der dritten Saison sogar nur noch drei. Kovacec versucht einen Neuanfang beim FC Augsburg (2002) und danach beim SV Elversberg (2003), aber der Körper streikt immer wieder. 2004 beendet Kovacec seine Karriere. "Ich hatte einfach keine Lust mehr", sagt er.

Praktikum beim FC Bayern
Kovacec überlegt, womit er in Zukunft sein Geld verdienen möchte, und wählt zunächst den klassischen Weg eines Ex-Profis. Er macht diverse Trainerscheine, absolviert ein Praktikum beim FC Bayern München, bei Hermann Gerland, der ihn einst in Berlin trainiert hat. Anschließend geht Kovacec auf Jobsuche, findet aber keinen Klub. Drei Jahre lang lebt er nur von seinen Ersparnissen. Dann gibt er auf. Traurig ist er trotzdem nicht. "Ich hatte das Nomadenleben satt", sagt Kovacec, "ich hatte keine Lust mehr, alle zwei Jahre den Verein und meinen Wohnort zu wechseln."

Zumal er längst eine neue Heimat gefunden hat: Augsburg. Also kehrt Kovacec in seinen gelernten Beruf zurück. Als Jugendlicher hat er in Hamburg eine Ausbildung zum Versicherungskaufmann abgeschlossen. Die ist nun Gold wert. Kovacec findet eine Stelle in Augsburg, gründet zusammen mit seiner Frau Suzana eine Familie. "Meine Kinder Maja und Karlo sind mein großes Glück", sagt er. Nebenher ist er als Trainer in der Bezirksliga tätig, aber nicht für lange. "Mir fehlte einfach die Zeit", sagt Kovacec. Erst recht nach einem weiteren Jobwechsel. Kovacec ist jetzt Mitarbeiter im Audi-Zentrum Augsburg. Er verkauft Gebrauchtwagen.

"Ich bin jetzt nur noch Fan"
Vom Profifußball hat er sich weitestgehend verabschiedet. "Ich bin jetzt nur noch Fan", sagt der 49-Jährige. "Ich gehe hin und wieder in Augsburg ins Stadion. Aber ich gucke längst nicht mehr jedes Fußballspiel im TV." Seine freie Zeit verbringt er lieber mit seiner Familie. Zwei Klubs drückt er aber immer noch die Daumen: dem Hamburger SV, den er seit seiner Kindheit toll findet, und Hannover 96. "Hannover hat sich in meinem Herzen verankert", sagt Kovacec, "ich habe nur gute Erinnerungen an meine Zeit dort." Mit einer Ausnahme: dem Spiel in Cottbus im Juni 1997.
hop

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