Mit dem Crafter nach Marbella
Den Jahreswechsel hat Servet Kaya verschlafen. Das machen mehr Menschen, als man denkt, weil sie auf Böller und Raketen keine Lust haben und Silvester irgendwie auch nur einer von 365 Tagen im Jahr ist. Kaya mag Silvester, aber er hat sich trotzdem früh ins Bett gelegt, um fit zu sein für das, was er liebevoll einen "Höllenritt" nennt. Für Kaya, den Zeugwart von Hannover 96, begann am Neujahrsmorgen um 3 Uhr nämlich eine anstrengende Dienstfahrt. Gemeinsam mit Physiotherapeut Steffen Gniesmer musste Kaya einen Crafter, den Kleintransporter von Volkswagen Nutzfahrzeuge, vollgepackt mit Utensilien für das Trainingslager, nach Marbella fahren.
Wer an dieser Stelle stutzt, dem sei gesagt: Ja, Marbella ist nicht gerade um die Ecke. "2800 Kilometer sind das", sagt Kaya in einem Tonfall, als wäre es genau das: eine kurze Fahrt, um Sonntagmorgen die Brötchen von der Tankstelle zu holen.
2800 Kilometer in 25 Stunden
Weil eben nicht alles in ein Flugzeug passt, was 96-Profis und -Mitarbeiter in einem Trainingslager brauchen, und Kaya vor der Mannschaft in Marbella sein wollte, machte er sich mit Gniesmer eben auf den Weg am Neujahrsmorgen um 3 Uhr. 25 Stunden später kamen beide mit dem Crafter in Marbella an. 2800 Kilometer. 25 Stunden. Eine Vier-Länder-Reise durch Deutschland, Belgien, Frankreich und Spanien.
So ein Crafter Kastenwagen ist ein gutmütiger Schluckspecht: In seinen Laderaum passt ein halber Haushalt. 18,4 Kubikmeter Platz sind eine Menge. Aber Kaya und sein Zeugwartkollege Raymond Saka mussten auch eine Menge verstauen: Bälle, Hütchen, Stangen, Klamottenkisten, Matten, Spieler-Dummies und, und, und. "Eigentlich alles", sagt Kaya. "Und man kann ja nicht einfach alles reinschmeißen und dann losfahren." Jeder Zentimeter Platz wird genutzt, bereits beim stundenlangen Packen achtet Kaya darauf, dass alles, was hinterher zusammengehört, nicht wild durcheinandersteht.
"Das kriegt nicht jeder hin"
Vollgepackt gingen Kaya und Gniesmer auf die Reise. Ihre Verabredung: Jeder fährt eine Tankfüllung, in dieser Zeit ruht sich der andere aus. 2800 Kilometer ohne Pause zu Zweit in einem Kleintransporter, das "kriegt nicht jeder hin", sagt Kaya. "Aber ich liebe es, Auto zu fahren." Eine Scheibe Toastbrot hat er während der Fahrt gegessen, die er ein "Erlebnis" nennt. Erst in Spanien geriet das 96-Duo in den einzigen Stau für 20 Minuten.
Schwierigkeiten gab es auf der langen Strecke nur zweimal. Das erste Mal, als Kaya und Gniesmer in Spanien dringend eine Tankstelle für den Crafter brauchten, es die vom Navigationsgerät angezeigte Station aber nicht gab. Erst nach langem Suchen fanden sie eine Tankstelle, "zehn Kilometer mehr, und wir wären stehengeblieben", so Kaya. Schwierigkeit Nummer zwei galt es an einer Mautstelle zu meistern. Kaya schob einen 50-Euro-Schein in den Schlitz - und bekam die Restsumme in lauter Zwei-Euro-Münzen ausgezahlt, die mit lautem Getöse in die Geldschublade ratterten.
Geburtstag im Trainingslager
Vor zwei Tagen hat Kaya übrigens in Marbella seinen 54. Geburtstag gefeiert. 96 ist seine Familie, trotzdem hat ihm die richtige Familie gefehlt. "Vor allem die fünf Enkel zu Hause haben protestiert, dass ich nicht da war", sagt er mit einem Lachen. "Aber der Job geht vor." Und die nächste große Herausfoderung wartet kommenden Donnerstag: 2800 Kilometer. Marbella-Hannover. Kaya und Gniesmer haben sich vorgenommen, diesmal eine Übernachtung einzuschieben. Aber dass sie das wirklich tun, glauben sie selbst nicht wirklich.
hr
In unserer Rubrik "Bella Blog" erzählen wir jeden Morgen Geschichten rund um das Trainingslager unserer 96-Profis in Marbella.