Duo mit Jobteilung
Für Felix Hessel ist es das Trainingslager Nummer 11. Oder Nummer 12. Da ist sich der Mannschaftsarzt der Roten nicht ganz sicher. Es spielt aber auch keine Rolle: Hessel, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, ist lange dabei. Er teilt sich den Mannschaftsarztjob bei Hannover 96 mit Axel Partenheimer, die beiden sind ein gutes, erfahrenes und eingespieltes Team. "Allein wäre das nicht machbar", sagt Hessel, "das ganze Jahr jedes Wochenende, das ist auch familiär nicht möglich, vom Aufwand ganz zu schweigen."
Verständnis vom Praxispartner
Hessel betreibt gemeinsam mit Karsten Ohnhold eine chirurgisch-orthopädische Gemeinschaftspraxis in der hannoverschen Podbielskistraße. "Weil ich mein eigener Chef bin, kann ich mir das Trainingslager selbst genehmigen", sagt Hessel und lacht. Für seinen Praxiskollegen bedeutet das in Tagen wie diesen im Burgenland und in der Steiermark, dass mehr Arbeit anfällt. "Aber er kennt das aus eigener Erfahrung und hat dafür viel Verständnis."
Geesthacht-Stegersbach und zurück
In Coronazeiten ist für Hessel als Mannschaftsarzt vieles anders im Trainingslager. "Normalerweise prüfe ich vor dem Frühstück bei den verletzten Spielern, ob und wie sie trainieren können", erzählt der 47-Jährige. "Nun ist alles komplizierter, da fängt der Tag damit an, die Tests vorzubereiten, die Abstriche zu machen, alles zu beschriften und zu dokumentieren." Das erfordert Sorgfalt und Konzentration. 45 Coronatests sind es im Trainingslager, ein großer organisatorischer Aufwand inklusive. Denn alle Tests werden vom einem Mitarbeiter des 96-Partnerlabors in Geesthacht abgeholt. Zehn Stunden nach Stegersbach, sofort wieder zurück, "wenn etwas dazwischen kommt, sprengt uns das die ganze Organisation", sagt Hessel. Zum Glück hat bislang alles reibungslos geklappt.
Große Verantwortung
Die Besonderheit im Trainingslager: Für den 96-Tross in Österreich ist das Gesundheitsamt Hannover zuständig mit deutlich strikteren Regeln als im Gastgeberland, die im Hotel fast eine Quarantänesituation bedeuten. "Es ist wichtig, den Jungs immer wieder zu vermitteln, dass die Verhaltensmaßgaben unbedingt eingehalten werden müssen", sagt der Teamarzt. Die Verantwortung für Hessel ist groß und macht das Trainingslager in diesem Sommer für ihn "ein bisschen stressiger" als in der Vergangenheit, auch wenn man das Hessel mit seiner ruhigen Besonnenheit nicht anmerkt.
Reger Austausch mit "Physios"
Mit den Physiotherapeuten Jens Vergers, Steffen Gniesmer und Thorsten Klopp bespricht Hessel den kompletten Tag, den sie gemeinsam verbringen. Auch mit den Reha- und Athletiktrainern Timo Rosenberg, Tobias Stock und Dennis Fischer gibt es einen regen Austausch, um für jeden Spieler die besten Entscheidungen zu treffen. Wenn beim Training nach einem Zusammenprall Spieler liegenbleiben, dann "zucke ich schon zusammen", sagt Hessel. Er selbst hat Handball und Eishockey gespielt, "da kracht es ordentlich". Aber auch im Fußball gehe es gut zur Sache: "Da scheppert es ganz schön, dass ich manchmal denke, boah, wenn das mal gut ausgegangen ist."
Viel schlafen, viel trinken
Besonders in der Vorbereitung ist die Trainingsintensität hoch, da ist Hessel auch in anderer Hinsicht gefragt. "Für die Spieler ist es wichtig, viel zu trinken, richtig zu essen, genug zu schlafen und sich Zeit zu nehmen für Pflege und Regeneration", sagt er und stärkt dabei die Eigenverantwortung der 96-Profis.
Besonderes Gespür
Zur Erfahrung des Mannschaftsarztes gehört ein Gespür dafür, wann eine schwere Verletzung vorliegt. "Nach den vielen Jahren im Sport weiß man, welche Mechanismen welche Verletzung hervorrufen können. Da weiß man oft vom Unfallhergang, ob es eine harmlose Aktion war und ein bisschen streicheln reicht, oder ob das richtig wehgetan hat." In beiden Fällen wissen die 96-Profis, dass sie bei Felix Hessel und Axel Partenheimer gut aufgehoben sind. Nicht nur im Trainingslager.
hr