"Die Zeit der Ungewissheit war sehr nervig. Nach dieser Diagnose hoffe ich, jetzt bald wieder fit zu werden", sagte Enke. Die Diagnose nach fast zwei Wochen der Ungewissheit ist eine gute Nachricht. Doch ihr folgt zugleich eine schlechte.
Enke hat bereits gestern mit einer Antibiotika-Therapie begonnen, die zwei Wochen dauert. Nicht nur gegen Borussia Dortmund, sondern mit großer Sicherheit auch am nächsten Sonnabend beim VfL Wolfsburg kann Enke noch nicht auflaufen. Und dies bedeutet: Er verliert die Position der Nummer 1 im Tor der Nationalelf im wichtigen WM-Qualifikationsspiel gegen Russland am 10. Oktober wohl zunächst an Rene Adler. Zwar hatte Bundestrainer Joachim Löw ursprünglich fest mit Enke geplant.
Zuletzt hatte er jedoch schon dessen Spielpraxis im Niedersachsen-Duell der "Roten" gegen den VfL Wolfsburg indirekt zur Bedingung für den Einsatz gemacht. Und diese kann nun nicht erfüllt werden. "Es ist relativ unwahrscheinlich, dass Enke gegen Russland dabei ist. Er will natürlich so früh wie möglich wieder spielen. Aber er ist so vernünftig, sich alle notwendige Zeit zu nehmen, um wieder fit zu werden", sagte Enkes Manager Jörg Neblung.
Dass Enke kränkelte, war zum ersten Mal am 1. September öffentlich geworden: Er musste in Köln bei der Vorbereitung der Nationalelf auf das Länderspiel gegen Südafrika einen Fitnesstest auslassen. Der 32-Jährige versuchte zwar immer wieder zu trainieren, doch dann folgten die Absage für das Länderspiel in Hannover und der Ausfall bei 96, und für den Torwart ging bei der Suche nach einer Diagnose auf eine Odyssee durch viele Arztpraxen, sein Blut wurde sogar im Hamburger Tropeninstitut getestet. Borreliose, Pfeiffersches Drüsenfieber und allerlei Exotisches von Malaria bis Gelbfieber? Tag für Tag wurden mehr Experten wie Tim Meyer von der Nationalelf, der Langenhagener Zeckenbiss-Experten Joachim Ledwoch und Dietrich Storp, Chefarzt des Agnes-Karll-Krankenhauses in Laatzen, hinzugezogen und Krankheiten ausgeschlossen. Aber erst gestern legte sich 96-Vereinsarzt Wego Kregehr in Absprache mit seinen Kollegen auf die Campylobacter als Ursache fest: "Wir schließen nach verschiedenen Tests bei unterschiedlichen Experten andere Diagnosen aus", sagte der Mediziner.
Bei den "Roten", Klub und Fans wird die Nachricht für ein Aufatmen sorgen. Die Krankheit ist weniger dramatisch und die Therapie unspektakulärer, als von vielen Pessimisten befürchtet. Tatsächlich hat Enkes Gesundheit nicht nur im 96-Umfeld viel Anteilnahme ausgelöst. Wie Enkes Berater Neblung erklärte, war eine regelrechte Welle von Hilfsangeboten aus ganz Deutschland am Telefon der 96-Geschäftsstelle und per E-Mail über die Internetseite des Torhüters angebrandet. "Viele glaubten, genau zu wissen, was Auslöser des Krankheitsbildes ist, weil sie Ähnliches durchlitten haben. Und es gab viele Empfehlungen für Therapien. Das reichte bis ins Esotherische."
Selbst das Besprechen wie bei Warzen oder telepathische Fernheilung sei Enke angeboten worden. Der 96-Kapitän wird sie nicht in Anspruch nehmen. Schließlich weiß er jetzt, was auf ihn zukommt: Eine Woche lang wird er sich vor allem zu Hause fit halten, dann nach und nach wieder ins Torwarttraining und, wenn es läuft, wie geplant, danach wieder ins Mannschaftstraining einsteigen. Erst bei 96 – und bei nächster Gelegenheit wohl auch wieder bei Löw.
Das Ende der Ungewissheit: Robert Enke muss zwei Wochen Antibiotika gegen die Bakterien-Infektion schlucken.